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Zürich - Die Deregulierung der Immobilienmärkte und der globale Börsenhandel mit Immobilien sei ausser Kontrolle, sagt der Schweizer Architekt Ernst Hubeli in einem Interview. Allein in Europa leide mindestens die Hälfte der Stadtbevölkerung an zu hohen Mieten. Die Städte drohen zu veröden.

Ernst Hubeli schlägt Alarm. Die Städte würden zu einem Spielball grosser Immobiliengesellschaften, die nur am Wachstum ihres Portfolios und ihrer Gewinne interessiert seien. Damit drohten sie ihre eigene Beute zu zerstören, sagt der Schweizer Architekt in einem Interview mit dem „Tages-Anzeiger“. „Wenn nämlich die Stadtgesellschaft zur Aktiengesellschaft und die Stadt immer teurer wird, verödet auch der urbane Alltag.“ 

Der börsengetriebene Markt für Immobilien sei ausser Kontrolle. „Wenn der Wohnungsmarkt die Grundversorgung ‚Wohnen‘ nicht garantieren kann, ist er in meinen Augen verfassungswidrig.“

Erstes Opfer seien die Mieter. „In Europa leidet mindestens die Hälfte der Stadtbevölkerungen unter zu hohen Mieten“, sagt Hubeli. Die Mieter hätten Angst, in ein Wohnghetto ausserhalb der Stadt verbannt zu werden. Damit drohe den Städten eine Gentrifizierung „mit leeren Anlagewohnungen, die nur auf Bodenpreissteigerungen warten“, wie etwa an der Zürcher Europaallee.

Hubeli hält Mietendeckel für ein mögliches Instrument. Dieser ist etwa in Berlin bereits eingeführt worden und wird in Basel und Genf diskutiert. Hubeli spricht sich auch für Enteignungen von Wohnkonzernen mit mehr als 3000 Wohnungen aus. Ein positives Beispiel ist für ihn Wien mit einem Anteil von 65 Prozent Wohnungen in der Hand von Genossenschaften. Damit seien auch Innovationen möglich, die vom Markt ignoriert würden. „Eine Stadt funktioniert nur dann, wenn alle, die wollen, in ihr wohnen können“, so Hubeli.

Hubeli ist seit 1982 Mitinhaber des Architekturbüros Herczog Hubeli in Zürich und war Leiter des Instituts für Städtebau an der Technischen Universität Graz. stk